Reisen in Zeiten von Covid-19. Es ist September 2020 und wir sitzen in Italien auf unserem Schiff. Wollen mit Salty Dog noch einmal die kroatische Küste runter. Leider gehen nach einem relativ entspannten Covid-Sommer nun überall wieder die Fallzahlen nach oben und die Länder in einem vereinten Europa erklären sich gegenseitig zu Risikogebieten. Schotten sich ab. Unser Ziel steht damit plötzlich auf dem Prüfstand. Österreich und Italien erklärt gesamt Kroatien zum Krisengebiet und fordert seine Bürger zur Heimreise auf. Deutschland wiederum gibt nur eine Reisewarnung für das Gebiet südlich der Kvarner Bucht heraus und hält Istrien für sicher. Das einfachste wäre es, in italienischen Gewässern zu bleiben.

Am Ende beschließen wir trotz Reisewarnungen rüber nach Kroatien zu segeln. Wir wollen die 14 Tage entspannt angehen. Dazu gehört auch z.B. öfter mal draußen in einer Bucht zu bleiben und volle Innenstädte zu meiden.

Letzte Vorbereitungen (08.09.)

Schiffe die jetzt noch von Italien nach Kroatien fahren, müssen für das italienische Gesundheitsministerium ein Gesundheitsprotokoll führen und einen negativen PCR Test bei der Rückreise mitbringen. Deutsche wie wir, könnten aber bei der Rückreise ihr Schiff in Italien festmachen, an Bord in Isolation bleiben und binnen 36 Stunden das Land verlassen (eine Transit-Sonderregelung). Wie immer versorgt uns das Hafen-Team von Punta Gabbiani mit all diesen Info’s, Kniffen und Unterlagen.

Punta Gabbiani – Umag (09.09.)

„Wir stecken im Schlick“

Wir legen ab und fahren raus in die Lagune. Etwas zu zeitig, wie sich herausstellt. Gleich beim ersten Steuerradwechsel setzen wir das Schiff in den Schlick. Normalerweise, mit unserem verkürtzen Kiel (1,70 m) kein Problem. Also gehen wir rückwärts und geben viel Gas. Diesmal reicht das einfach nicht. Der entscheidende Tip kommt von einem vorbeifahrenden Motorboot. Beim Rückwärtsfahren abwechselnd hart Steuerbord- und Backbord Ruder legen. So rüttelt man das Boot quasi aus dem Schlick. Hat geklappt und wir haben wieder etwas dazugelernt :-).

„Seepocken am neuen Faltpropeller“

Als wir in der Lagune Richtung offenes Meer weiterfahren, habe ich die ganze Zeit das Gefühl, dass der neue Propeller nicht so richtig „zieht“. Wir kommen nur mühsam und mit sehr viel mehr Gas auf die 5 Knoten Fahrt. Die erreichen wir sonst spielend. Unser Mechaniker Eugenio empfiehlt, das Schiff an der Adria-Ausfahrt in der Marina Capo Nord kurz Kranen zu lassen. Er schwört drauf, dass die neue Schraube über den Sommer Pocken angesetzt hat. Ich kann es kaum glauben, da wir damit bei der alten Schraube nie solche Probleme hatten. Hintergrund ist, das die neue Schraube dieses Jahr erst eine Patina ansetzen sollte, bevor wir sie dann mit Antifouling behandeln. Das hat ja gut geklappt.

Nach dem Reinigen der Schraube, hat das Schiff jetzt wieder die volle Leistung. Wir tanken noch nebenan und legen endlich los.

„Wieder in Umag“

Gegen 1930 kommen wir gut nach Umag rein. Es ist wirklich (fast) nichts mehr los. Die Grenzer und die Hafenmeister wundern sich ein wenig, dass wir jetzt erst kommen.. und vor allem dieses Jahr noch gar nicht in Kroatien waren. Die meisten Touristen sind wohl bereits zu Hause.

Wir freuen uns auch Tihomar kennen zu lernen. Er betreut die Bojen und Liegeplätze im Hafenbecken. Für den Fall, dass wir über Umag zurück nach Italien segeln, will er uns mit einem COVID-Test helfen.

Umag – Vrsar (10.09.)

In Umag legen wir gegen 1100 ab und segeln mit achterlichen Wind – NW2 – im Schmetterling nach Vsar. Im Yachthafen holt uns der Hafenmeister per Sprechfunk rein. Wir liegen an einem Schwimmsteg zwischen deutschen und englischen Dauerliegern. Nach dem Anleger machen wir uns klar für einen kleinen Stadtbummel, besichtigen den hohen Kirchturm und essen etwas auf einem kleinen Platz. Alles ist dort sehr entspannt und leer. Der Wirt sagt uns, dass er in zwei Tagen schliessen wird, da es sich der Betrieb wegen der fehlenden Touristen dieses Jahr nicht mehr lohnt.

Vrsr – Rovinj (11.09.)

„Ups.. den Ableger haben wir (fast) vermasselt“

Wir machen gegen 1100 los. Ina ist vorn an der Muring. Wie immer haben wir den Ableger durchgesprochen. Jeder weiss wie es laufen wird. Die Heckleinen waren schon drin, da ruft mir die Skipperin von nebenan zu, dass ich die Gangway nicht eingezogen haben. Ich hätte sie fast versenkt ;-). Ich reisse sie mit einer Hand an Bord, während ich uns mit der anderen Hand raus bringe. Mensch André.

Draussen haben wir wieder achterlichen Wind – NW 2-3. Wir setzen die Genua und lassen uns entspannt nach Rovinj ziehen.

„Uvala Lon oder doch lieber den sicheren (Nobel)hafen?“

Ich mag die Uvala Lon. Auch wenn sie inzwischen knapp 50 Euro pro Nacht kostet. Man kann mit den Dinghi an den Strand paddeln. Es gibt dort eine Bar mit einem steifen Mojito, einen Park mit seltenen Bäumen und weiter hinten sogar Kletterfelsen. Und die Bojen sind gepflegt und halten gut. Auch bei Bora. Allerdings geht man ja in eine Bucht, um Schutz vor Wind und Welle zu finden. Das klappt bei NW-Wind nicht so gut. Gerade drückt der Wind voll rein. Wir überlegen, ob wir in die neue Nobel-Marina nebenan gehen. Wir sehen dort gerade nur 3-4 Boote und es ist uns auch zu protzig. Wir beschliessen unser Glück doch in der windigen Bucht zu versuchen.

„Unser Stadtbummel mit Startschwierigkeiten“

Irgendwie ist heute für alles das erste Mal. Es ist mit dem Dinghi rüber in die Stadt ziemlich weit und die Wellen waren hier noch nie so hoch wie heute. Ich bin etwas nervös. Aber egal, wie wollen mal rüber und Ina ist dabei. Ich mache den Tank vom Aussenborder zur Sicherheit voll. Und schon als wir den Motor auf das Dinghi setzen, schüttelt es uns durch. Wir klettern rein und kommen gut weg vom Schiff. Doch da geht plötzlich der Motor aus. Immer wieder.. bis ich endlich begriffen habe, das ich den Benzinhahn vergessen habe. Mensch André

„Da rutsche ich doch wirklich aus dem Dinghi raus“

Auf dem Heimweg gehen wir noch etwas Einkaufen. Dafür haben wir eine Art wasserdichten großen Seesack an Bord. Den machen wir voll. Der Wind hat sich gelegt und die Heimfahrt im Dinghi sollte wesentlich gemütlicher sein. Kurz bevor wir Salty erreichen, drehe ich das Dinghi noch mal. Irgendwie verliere ich dabei das Gleichgewicht und Einkaufsrucksack zieht mich ins Wasser.

Die rote Sicherheitsleine – sie wird am Handgelenk befestigt – sollte in so einem Fall am Motor abreissen und den Motor ausschalten. Das soll verhindern, dass man sich im Wasser am Propeller verletzt. Aus irgend einem Grund reisst die Leine aber nicht ab. Sie spannt sich unter meinem Gewicht und ich bringe damit fast das ganze Dinghi (mit Ina und Motor) zum kentern. Krass. Da ich Ina das mit der Sicherheitsleine noch nicht zeigen konnte, weiss sie nicht gleich was zu tun ist. Der Propeller quirlt noch eine Weile bis wir den Motor endlich aus haben. Ich ziehe Ina und das Dinghi zum Schiff und klettere über die Badeleiter an Deck. Mensch André…das gibt erst mal nen Schluck Rum auf den Schreck.

Rovinj – Uvala Portićs (12.09.)

Nach dem Ablegen von der Boje segeln wir weiter nach Süden. Wir fahren durch die Brijuni Inseln – einem Naturschutzgebiet und ehemalige Heimat von Josip Broz Tito (dem ehemaligen Präsidenten von Jugoslawien). Wir lassen Pula links liegen, umrunden die Südspitze Istrien ( Kap Kamenjak) und laufen das erste Mal in die Ankerbucht Portić ein. Eine wirklich schöne Bucht und gute Alternative zur Uvala Soline auf der anderen Seite.

Über den Kvarner – Uvala Portić nach Unije (13.09.)

Der Wind hat über Nacht von NW auf NO gedreht und drückt nun voll in die Bucht herein. Wir haben den Anker gestern gut eingefahren und nach dem Winddreher nachts stündlich kontrolliert. Ich habe bei der Gelegenheit auch eine neue Anker-Alarm App getestet. Sie ist genauer und nicht so „nervös“, wie die Alte. Es ist ein schöner Morgen. Ich bin etwas müde von der Ankerwache. Und ja, es ist mein 53. Geburtstag. Ina hat mir einen Zitronenkuchen „gebacken“.

Wir heben gegen 1000 den Anker und segeln mit halben Wind (NO 4-5) über den Kvarner nach Unije. Angekommen, machen wir in der Maracol-Bucht fest (Achtung das Muringsystem dort ist wirklich krank) und gehen mit dem Dinghi an Land. Man kann über einen schmalen Pfad rüber zum Dorf wandern und hat dort herrliche Sicht über die Inseln. Die einzig verbliebene Konoba „Kod Joze“ , wo es immer wie bei Mutti schmeckt, hat zum Glück noch auf. Es gibt Fisch und einen herrlichen Sonnenuntergang dazu.

Auf der Kreuz – Hoch am Wind von Unije nach Cres (14.09.)

Die Bora hat noch etwas aufgedreht. Inzwischen haben wir NO 6-7. Es sind ca. 40 Seemeilen von Unije nach Cres. Wir müssen extrem hart am Wind segeln und kreuzen an der Westküste von Losinj und Cres nach Norden. Wir segeln im Reff 2 los und geben der Genua unterwegs etwas mehr Tuch. Wir kämpfen uns zunächst bis zur Nordspitze von Unije hoch. Wollen zunächst sehen, wie das System uns trägt. Alternativ könnten wir bei diesem Wind leicht zum istrischen Festland zurück „fliegen“ und uns ein Ziel an der Ostküste suchen. Aber wir halten Kurs auf Cres. Wollen mal etwas Neues entdecken. Ina geniesst offensichtlich den etwas raueren Törn. Es ist ein herrlich, warmer Segeltag. Viel Wind – und wegen der Luvküste – nur wenig Welle.

Gegen 1830 sind wir in der ACI Marina Cres fest. Die Marina liegt ganz am Ende der Creser Bucht und ist umgeben von sehr alten Olivenplantagen. Es ist so schön und friedlich, dass wir spontan beschiessen hier etwas Urlaub zu machen. Wandern, bummeln und baden.

Cres – hier bleiben wir (15. & 16.09.)

Wir sind von Cres und den umliegenden Olivenbergen begeistert. Cres ist eine Art Mini-Venedig-Dorf mit einem Kloster und einigen alten Kapitänshäusern im Zentrum. Auch hier sind die meisten Touristen wegen Covid schon abgereist. Was uns gefällt, aber für die Einheimischen nicht gut ist.

„Entdeckung der Langsamkeit“

Am nächsten Tag unternehmen wir eine lange Wanderung entlang und durch die Olivenhaine auf der gegenüberliegenden Seite der Creser Bucht. Es ist eine herrlich, alte Landschaft. Wir baden, geniessen die Ruhe, die See und die herrlichen alten Olivenbäume.

Zurück zur Südspitze Istriens – Uvala Soline (17.09.)

Wir segeln unter Genua mit einem leichten NO 3 über den Kvarner zurück zur istrischen Küste. Nach dem wir die Südspitze (Kap Kamanjak) passiert haben, briesst es heftig auf und wir haben ruckzuck 6 Windstärken auf der Uhr. Salty legt sich erst mal etwas auf die Backe. Wir reffen die Genua, holen allerdings das Groß nicht mehr raus. Wir wollen in der Nähe (Uvala Paltana) ankern.

„Uvala Paltana – hier wollen wir nicht bleiben“

Gesagt getan. Wir fahren in die Bucht ein, wo uns leider nur ein unschönes, großes Hotel anschaut. Na wir ankern trotzdem erst einmal, wollen schauen wie es sich anfühlt. Die Bora zieht kräftig am Anker und es baut sich trotz der Bucht eine Welle auf. Nach einer Kaffeepause schauen wir uns an und beschliessen, dass wir so nicht übernachten wollen.

„Mensch, wir hätten Salty fast auf die Felsen gesetzt“

Anker auf und weiter zur nächsten Bucht – Uvala Soline. Sie liegt etwas weiter nördlich. Ich war 2018 schon einmal dort. Man muss da zum Teil auf 12 Metern ankern, aber die Bucht ist unbebaut und wirkt ein wenig so, wie ich mir einen norwegischen Fjord vorstelle. Auf den Weg dorthin will ich zwischen den Insel durchfahren. Ich lasse es vorsichtig angehen. Plötzlich zeigt der Tiefenmesser nur noch 1,60 an und ich sehe um uns herum große Brocken im Wasser. Ich drehe förmlich auf der Stelle und kann einen Aufsitzer gerade noch abwenden. Mensch André

Angekommen in der Soline-Bucht sehen wir, dass nun auch diese Bucht vollständig mit Muring-Bojen belegt ist. Der nette Hafenmeister erklärt uns, dass man damit den Meeresboden vor Ankern schützt will. Auf jeden Fall kann man an den Bojen gut fest machen. Ich muss zum ordentlichen Einbinden der Boje nicht ins Wasser springen. Es gibt eine extra „geschütze“ Kette, die von oben erreichbar ist. So können die Leinen auch nicht scheuern

Uvala Soline nach Rovinj (18.09.)

„Müde Krieger“

Wir legen gegen 1000 von der Boje ab und machen uns auf den Weg. Wir haben immer noch NO-Wind mit 6-7 Bft. Es wird wieder ein guter Segeltag werden. Wir drehen Salty gleich vor der Bucht in den Wind. Laufen quasi beim Gross-Segel setzen „kalkuliert“ auf ein Felswand zu. Irgendwie habe ich dabei wohl die Entfernung zum Ufer falsch eingeschätzt. Wir müssen das Manöver zweimal abbrechen. Wir sind jedes Mal am Ufer, bevor das Segel oben ist und wir eigentlich zur offen See hin abfallen könnten. Wir sind davon etwas genervt, aber am Ende geht alles gut. Wir waren wohl einfach noch zu Müde. Unterwegs geht der Wind auf NO4. zurück und wir cruisen entspannt mit Halbwind die Küste hoch.

„Ich springe in den Glibber“

Es gibt diesen September um Istrien herum wirklich viele Quallen. Es ist in der Regel mein Job in den Glibber zu springen, wenn ich die Bojenfestmacher (von unten) ordentlich einbinden will. Als Belohnung gibt es heute „Landgang“. Wir paddeln mit dem Dinghi rüber zur Strandbar, es gibt den „berüchtigten“ straffen Mojito und eine kleine Wanderung entlang der Kletterfelsen.

Delphine bei Poreć – Ankunft in Novigrad“ (19.09.)

Am nächste Tag sind wir auf den Weg nach Novigrad. Südlich von Poreć, querab von der Uvala Brula, entdecken wir eine ganze Delphinschule. Wir halten das Boot an, verhalten uns leise und sind plötzlich mitten drin. Freuen uns an dem Schauspiel.

In Novigrad machen wir hinter der Mole an den Murings fest. Ein schöner Platz wenn man keinen Hafen benötigt. Hier wollen wir ein paar Tage bleiben und noch etwas Urlaub machen.

„Novigrad – Wir geniessen die Ruhe“

Abschied von Kroatien – Jetzt geht es nach Hause (21.09.)

Wir haben die Zeit und die Langsamkeit in Novigrad wirklich genossen. Waren abends auch noch mal im „Gatto Nero“ essen. Das ist für mich die beste Kneipe an der istrischen Küste. Etwas wandern, einkaufen und baden .. bis wir vom Glibber die Nase voll hatten.

Corona Update

Wir haben das Gefühl, dass wir Corona und der deutschen Hygenie-Realität für eine Weile entkommen sind. Wir waren jeden Tag draussen und hatten einen wunderschönen Urlaub. Jetzt machen wir uns natürlich Sorgen, was uns in Italien erwartet. Ein Polizist der uns antreibt, das Land zu verlassen?

Wir schicken noch unser Gesundheitsprotokoll nebst Temperaturmessung an das italienische Gesundheitsministerium und sagen im Hafen bescheid das wir reinkommen. Am Steg im Hafen wartet zum Glück nur ein netter, neuer Nachbar der uns mit den Leinen helfen will. Und da wir jetzt bis zur Abfahrt in „Selbstisolation“ (was für Wort) sind, bestellen wir abends bei „Beppe“ (das Ristorante am Steg in Punta Gabbiani) eine Magaritha und eine Calzone. Die man uns prompt aufs Schiff bringt. Besser geht es nicht.