Ich schwärme schon lange für die DRAGONFLY Trimarane von Quorning Boats in Dänemark. Im Herbst 2016 liefen wir mit Salty Dog nach einer sehr kräftigen Bora in Pula ein. Leicht lädiert hing uns damals das Vorsegel in Streifen vom Vorstag. Wir beobachteten mit Interesse, wie ein „komisches Segelboot“ sehr schnell hinter uns aufkam und vor dem Hafen die Segel und seine beiden Seitenschwimmer einholte. Im Hafen haben wir uns das natürlich genauer angeschaut und einen Schwatz mit dem Skipper gehalten.
Gestern war es nun endlich soweit. Reiner (ein Segel+Freund) holt mich am Hamburger Hauptbahnhof ab und gemeinsam fahren wir nach Fredericia zu Quorning Boats – dem Hersteller der Dragonfly Trimarane.
Herzlicher Empfang
Ich hatte Anfang des Jahres mit Jørn (er macht den Vertrieb bei Quorning / Dragonfly) einen Termin vereinbart. Gegen 10:00 Uhr morgens sind wir da und werden wirklich entspannt und sehr freundlich empfangen. Alles wirkt sehr familiär und man ist auf uns gut vorbereitet. Jœrn will uns zuerst in Ruhe die Produktion zeigen und danach, das haut mich wirklich um, will Jens Quorning persönlich mit uns Segeln gehen. Jens ist der Kopf bei Quorning Boats und hat das Konzept des Segel-Trimaran zusammen mit seinem Vater entwickelt. Ich kenne ihn aus einigen Interviews und Videos.
Eine Werftführung bei Quorning Boats
Und so schön wie der Tag beginnt, ist er dann auch. Wir erfahren viele wichtige Details aus der Produktion. Meist geht es den Quornings dabei um Qualität, Zuverlässigkeit und Stabilität bei größt-möglicher Leichtigkeit. Viele Komponenten die andere Yachtbauer zukaufen (z.B. Masten von Seldén) werden bei Quorning selbst gefertigt. Wir sehen Schiffe und Schiffsteile in verschiedenen Ausbaustufen und könne viele Fragen, die wir uns im Vorfeld gestellt haben, schon hier mit Jørn klären. Als Jørn uns zum Schluss den Servicebereich zeigt, kam übrigens gerade eine 35er rein, die zweimal den Atlantik überquert hat. Das hat auch Fragen beantwortet 😉
https://dragonfly.dk/experience/factory-tour
Auf dem Wasser mit dem Trimaran
Nach der Führung werden wir dann wirklich von Jens Quorning abgeholt. Unten im Hafen nehme wir die hellblaue Dragonfly 32 Evolution (aus dem Prospekt 2019) und raus geht es. Mit dem Bugstrahler dreht der Trimaran selbst bei einigen Wind auf dem Teller und die 21 PS Yanmar Maschine scheint (auf den ersten Blick) auszureichen. Alles reagiert bei Vorwärts- und Rückwärtsfahrt (mit eingeklappten Schwimmern und auf den ersten Blick) wie eine Yacht die den Propeller direkt vorm Ruder hat.
Vorm Hafen gehen wir in den Wind und fahren bei langsamer Vorausfahrt die Seitenschwimmer aus und setzen danach die Segel. Die offizielle Fahrrinne des Hafens ignorieren wir (bei unserem Tiefgang) und setzen sofort die Segel.
Jens drückt mir das Ruder in die Hand und plötzlich sind wir bei 18 Knoten raumen Wind mit bis zu 16 Knoten Geschwindigkeit unterwegs.
Die Landschaft rast gefühlt vorbei und doch merkt man dem Boot nichts an. Es läßt sich (wie oft in Videos beschrieben) wirklich mit zwei Fingern steuern. Während der Wind weiter aufdreht, Halsen und Wenden wir viele Male. Jens ermutigt uns sportlich zu Segeln. Er setzt nach der Wende das Vorsegel blitzschnell wieder durch und schon „rasen“ wir weiter. Der Wendewinkel liegt bei ca. 40 Grad. Später setzen wir (auf den Punkt – bei 25 Knoten Wind) das Reff 1 durch. Ich hätte mit Saltydog wohl schon bei 18-20 Knoten gerefft. Unterwegs nimmt sich Jens viel Zeit um uns die Unterschiede zum Einrumpfsegeln, die Leinen und auch das Swing-Wing System näher zu bringen. Reiner und ich fühlen uns wohl auf dem Schiff. Es macht uns einen riesigen Spaß hier draußen mit Jens zu segeln. Was für ein Erlebnis.
Fragen und Antworten für Interessierte
Aus- und Einfalten der Seitenschwimmer
Auf die Qualität und die einfache Bedienbarkeit dieses System verwendet Quorning meines Erachtens extreme Sorgfalt. Hier steckt ein großer Teil der Innovation. Das Aus- und Einfalten hat pro Seite wirklich nicht länger als eine Minute gebraucht. Mehr dazu im Video unten.
Kann bzw. sollte man mit dem Dragonfly wirklich den Strand „hoch“ fahren?
Natürlich muss jeder Skipper selber wissen, ob er so eine wertiges Schiff auf den Strand setzen möchte. Aber „diese Dänen“ machen das wirklich 😉 Natürlich nur auf Sand und mit Augenmaß.
Z-Drive und Propeller liegen so, dass sich der Trimaran „setzen“ kann ohne etwas zu beschädigen. Quornig empfiehlt, dass Manöver mit einem Heck- oder Bugankner abzusichern. Anker ausbringen, bevor man sich dem Ufer nähert. Dann mit Winsch sich kontrolliert dem Ufer nähern und ggf. nicht wirklich aufzusetzen. Man kann ja im flachen Wasser abspringen. Beim Ablegen kann man sich mit dem Anker auch ins freie Wasser ziehen.
PS: Centerboard und Ruderblatt sind so konstruiert das sie bei bei Grundberührung „hochfliegen“ können.
Sind Wenden oder Halsen problematisch?
Nein, überhaupt nicht. Wendewinkel lag wie gesagt bei uns etwa bei 40 Grad. Jens sagte immer „Einfach schnell wenden“ und so haben wir es auch gemacht.
Richtig Reffen?
Es gibt ein Einleinen-Reffsystem mit zwei Reffs im Standard. Auf Wunsch geht auch ein Reff 3. Das empfehlen sie aber nur bei z.B. einer Atlantiküberquerung. Aufgrund der verstärkten Segel ist das Vorsegel auch die Sturmfock.
Mann muss rechtzeitig reffen, sagt Jens. Wir haben bei Probetörn das Reff 1 bei 25 Koten Wind gesetzt. Mit Reff 2 soll man bis 40 Knoten Wind fahren können. Wird es noch heftiger, dann muss das Groß bergen und mit einem verkleinerten Vorsegel weiter Segeln.
Sind die Boote wirklich so schnell?
Wie gesagt, bei 18 Knoten raumen Wind liefen wir 16 Knoten Geschwindigkeit. Da kann man sich leicht vorstellen, dass man mit der Dragonfly die 23+ aus dem Prospekt wirklich erreichen kann. Sicher segelt der Trimaran auch bei leichtem Wind schnell.
Braucht man die neuen Seitenschwimmer?
Es werden wohl trotz der neuen Schwimmer auch noch Boote mit den alten bestellt. Dann ist der Basispreis deutlich geringer. Vorteile der neuen Seitenschwimmer sind:
- Natürlich sehen sie toll aus (Wiederverkauf)
- Sie haben mehr Auftrieb (Sicherheit)
- die Schwimmer auf Grund der Form leichter aus dem Wasser (Sicherheit)
- Sie machen das Boot im Bereich von 10+ Knoten schneller
Wann kentert ein Trimaran?
Einrumpf-Yachten können beim Einfallen einer Bö zunächst mit starker Seitenneigung reagieren. Katamarane und Trimarane hingegen müssen den einfallenden Wind möglichst sofort in Vortrieb umsetzen. Deshalb benötigen sie:
- einen geringen Tiefgang um schnell ins Gleiten zu kommen
- ein geringes Gewicht
- ein verstärktes Rigg und verstärkte Segel
Quorning Yachts hat empirische Informationen von Dragonfly-Kenterungen und sagt das von über 700 bisher gebauten Trimaranen bisher nur ungefähr 10 überhaupt gekentert sind. Das ist immer in Regatta-Situationen passiert. Bisher ist noch kein Trimaran über 30 Fuß Länge gekentert.
Wie fühlt sich Trimaran Segeln an?
Auf Grund der leichten Bauweise (ca. 3t Gewicht) und des geringen Tiefgangs ist es eher ein gleiten, ähnlich wie auf einer Jolle. Schwer zu sagen, ob einen das hin- und her wiegen und die Neigung eines klassischen Segelbootes später nicht einfach fehlen werden. Aber die Geschwindigkeit ist für einen Segler eine ungekannte Verführung. Damit werden ganz andere Entfernungen und Tageswege möglich bzw. denkbar.
Was uns noch so aufgefallen ist…
Das angebotene Bugstrahlruder klappt aus dem Bug hervor, hat eine seperate Batterie und war auch mit frischem Wind im engen Hafen sicher wirksam. Aber man muss dranbleiben, da der Trimaran schnell vertreibt.
Der 20 PS Yanmar Diesel bewegt das Schiff zügig. Ob man damit aber genügend Reserven hat um bei schlechten Wetter und Welle auch einmal mal effektiv „gegen an“ zu „Bolzen“ konnten wir nicht klären.
Plotter & Co. – momentan verbaut Quorning Boats im Standard keine B&G-Geräte sondern Raymarine-Technik.
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